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Freitag, 10. Juni 2016

Warum die Digitale Transformation nicht Chefsache ist

Abgeleitet von der Binsenwahrheit, dass Marketing Chefsache sei - man erinnere sich an Nicolas Hayek sen., der diese Mär stets vertreten hat und er gut vertreten konnte, denn er war ein Marketing-Naturtalent - trifft man diese Untatsache auch in abgewandter Form in Sachen Digitale Transformation. Was aber ums Himmelswillen, wenn dem Chef die Talente zu den sich stellenden Herausforderungen fehlen? Muss denn ein Chef wirklich alles können? Nein, wirklich nicht. Und die schlimmsten Chefs sind jene, die meinen sie könnten alles.

Was muss ein Chef wirklich können? Er muss die Besten um sich scharren und er muss das Talent haben, die Besten bestmöglich motivieren und anführen zu können. Ich meine, der beste Chef ist jener Mensch, der menschliche Reife besitzt und auch sonst noch so gute Eigenschaften hat, um ihm blind folgen zu können. Leider sind solche Chefs verdammt rar. Ich weiss.

Nun, das Thema hier ist die Fragestellung, ob die Digitale Transformation Chefsache ist oder nicht. Ich nehme es vorweg und sage: Nein, ist sie nicht und sie wird in einer Unternehmung scheitern, wenn der Chef es meint. Warum?

Wie an anderer Stelle schon vermerkt, ist die Herausforderung der Digitalen Transformation ein gewaltiger Paradigmawechsel wie man ihn seit der Industrialisierung, der Weltkriege und der Ölkrise kaum mehr gesehen hat. Wie gewaltig, wissen wir noch nicht. Sicher jedenfalls ist, dass es zu einem Kulturwandel kommen wird, den wir auch noch gar nicht so richtig erfassen können. Brechen wir diesen Kulturwandel auf ein Unternehmen herunter, erlaubt es uns uns darüber ziemlich klare Vorstellungen machen zu können.

Über 100 Digital Eagles unterstützen die Mitarbeitenden bei der Entwicklung von digitalem Wissen und Fähigkeiten


Ich behaupte, dass Kulturwandel nicht von oben nach unten befohlen werden kann. Wenn der Chef nun ein schlauer ist, dann sorgt er dafür, dass ein Kulturwandel in seinem Einflussbereich stattfinden kann. Er gestaltet den Rahmen und kommuniziert das grosse Bild, das er mit seinen Massnahmen schaffen will. Konkret bedeutet das, dass er Macht abgibt und den Mut hat, den angerichteten Sauerteig sich aufgehen zu lassen. Und zwar in der Hoffnung, dass überall in seinem Unternehmen die Menschen beginnen zu begreifen und dazu übergehen, ihre Aufgabengebiete und Tätigkeiten zu überdenken und jedeR Einzelne sich anfängt zu fragen, ob es ihn oder sie an dieser Stelle noch brauchen könnte, gesetzt den Fall, dass man dazu übergeht die Prozesse rund um ihn herum zu digitalisieren. 

Mit anderen Worten, es soll innerhalb des Unternehmens jene Kultur geschaffen werden und daraus heraus die digitalen Prozesse abgeleitet, die jedeN Einzelnen an seiner bisherigen Stelle obsolet machen. Der Chef uns seine Entourage müssen also genau das tun was Friedrich Dürrenmatt in "Romulus - der Grosse" so genial beschrieben hat. Romulus wurde nur deshalb Kaiser, um sich auf dem Gipfel der Macht selber abzusetzen und dem traurigen Spiel des Untergangs des dekadenten römischen Reiches ein Ende zu setzen. 

Ganz britisch organisieren die Digital Eagles Teeparties und vermitteln Wissen, auch an die Freunde der Mitarbeitenden
Derart dramatisch muss es in einem modernen Unternehmen selbstverständlich nicht zu und hergehen. Doch die Idee, das Alte in Frage zu stellen, um dem Neuen Raum zu geben und zwar indem alle Betroffenen eingeladen sind, dies mitzutun, ist mit aller Voraussicht die Bedingung, sowohl den Kulturwandel als auch die Digitale Transformation in gebotener Geschwindigkeit zu schaffen.

Bramwell Kaltenrieder vertritt nun die Ansicht, dass die Digitale Transformation Chefsache sei, und der digitale Erfolg bei der Spitze der Hierarchie beginnt. Dieser Denkansatz ist nicht nur gefährlich, sondern er ist einfach falsch. Denn nicht selten finden sich in einem Unternehmen nicht wenige Mitarbeitende, die in Sachen Digitalisierung den Chefs Jahre voraus sind.Und nicht selten dürfte es geschehen sein, dass die besten Talente das Unternehmen längst verlassen haben, weil es einfach kein Durchkommen gibt bei den Chefs und ihrer digitalen Ignoranz. Wenn in einem solchen Unternehmen erst der Chef "digitalisiert" werden muss und die digitale Maturität erreicht, dann dürfte es geschehen sein mit der Wohlfahrt dieses Unternehmens.

Ganz anders ist man bei der Barkleys Bank mit dieser Frage umgegangen. Sie schuf vor einer geraumer Weile die regelrechte Institution der Digital Eagles, die nichts anderes zu tun haben, als die Mitarbeitenden in ihrer digitalen Maturität zu fördern. Barcleys rechnet damit auf diese Weise die über 110'000 Mitarbeitenden als Quelle des digitalen Wandels nutzen zu können. Anstehende Veränderung im Bereich der Fintech dürften auf diese Weise mit weniger Irritationen von statten gehen als bei einer rein konservativen Bank, die ihre Mitarbeiter dem Schicksal überlassen. Regieren ist vorausschauen, heisst es. Hier schaut ausgerechnet eine britische Bank nicht nur voraus, sondern sie handelt voraus.

Digitale Transformation ist Sache des ganzen Unternehmens und nicht ein Privileg der Budgetverwalter.
Nicht nur die Mitarbeitenden werden gefördert, sondern auch deren Kinder.
Schlauer kann man kaum in die Zukunft investieren.

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