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Donnerstag, 11. August 2016

Der Horror von Big Data - die andere Seite der Medaille

Acxiom - eine Fallstudie

Als Marketer mit digitaler Ausprägung bin ich von den technischen Möglichkeiten selbstverständlich hoch begeistert. Der Horror jedes Marketers ist der sogenannte Streuverlust. Dieser entsteht unvermeidlicherweise bei jeder Promotionsaktivität. Noch ist er kaum zu vermeiden. Man meint mit Streuverlust all jene Empfänger einer Werbebotschaft, die aus unterschiedlichsten Gründen mit der Botschaft gar nichts anfangen können. Besonders eben keinen Nutzen aus ihr ziehen die Möglichkeit haben. Also muss die Botschaft auch nicht überbracht werden. Denn das Überbringen kostet auf jeden Fall Geld. Viel Geld sogar, je weniger man weiss, wer die Botschaft empfangen wird.

Big Data nun ist das grosse Versprechen, den Streuverlust gegen Null Kosten verschwinden zu lassen. Dazu braucht es die Datenanalyse aus allen möglichen Datenquellen. Wo Geld gespart werden kann, finden sich sehr schnell Unternehmen, die das grosse Geld wittern. So eine Unternehmung stelle ich hier mit Acxiom vor und verknüpfe damit ein paar Gedanken, die nichts mit Marketing, dafür aber viel mit der Frage zu tun hat, welche Gesellschaft wir wollen.

Acxiom wurde 1969 bereits gegründet. Sie hat ihren Sitz in Little Rock, Arkansas und bedient über 8000 Kunden rund um den Globus. Acxiom wird an der Börse gehandelt. Die Firma beschäftigt gegen 1000 Mitarbeitende, davon dieses Kader.
Acxiom beschäftigt sich mit Unternehmensdaten, Datenanalyse und bietet SaaS-Lösungen in diesem Bereich an. Sie gelten als Entwickler ausgeklügelter Business Intelligence Software und Marketing Datenbanken. Ihr Versprechung ist die Steigerung des Kundenwertes. Nach eigenen Angaben verarbeitet die Firma wöchentlich eine Trillion Transaktionen.

Acxiom bedient 47 von 100 umsatzstärksten Firmen, 12 von 15 Kreditkarten-Instituten, 7 von der 10 grössten Retailbanken, 8 der 10 grössten Telcos/Medienunternehmen, 7 der 10 grössten Retailern, 11 der 14 grössten Automobilproduzenten, 5 der 10 grössten Lebens- und Krankenversicherern, 9 der 10 grössten Wohneigentum-Versicherern, 2 der 3 grössten Spiele-Entwicklern.

Fakten aus dem Betrieb von Acxiom verdeutlichen, was sich hinter dem Begriff Big Data ganz praktisch verbirgt. Zum Beispiel erzielt Acxiom eine 74%ige Erfolgsrate bei der Erneuerung von mehrjährigen Verträgen (z.B. Mobiltelefon-Abos). Acxiom managt 4'000 Datenbanken, was der doppelten Anzahl gegenüber ihres nächsten Wettbewerbers darstellt. Dafür stehen 10 Petabytes Speichernetzwerke (Storage area networks (SAN) zur Verfügung. Es werden dabei 22'500 Server gemanagt. Dabei werden 10 Milliarden Datenfiles monatlich updatet, bei 8.5 Trillionen CDI records die erfasst sind. Was bei all diesen technischen Vorgängen herauskommt, sind 1.2 Milliarden Email-Adressen, die Verhaltensmuster beinhalten. Daraus werden monatlich 1 Milliarde Opt-in-Emails versendet. Schlussendlich managt und führt Acxiom jährlich mehr als 250'000 Multichannel Kampagnen aus.Sie filtert pro Jahr 8.5 Millionen Vorgänge aus, die möglicherweise einen kriminellen Hintergrund haben (z.B, Kredikartenmissbrauch).

Was ist nun die dunkle Seite von Acxioms Wirken?

Aus der Sicht der Auftraggeber ist die erfolgreiche Tätigkeit von Acxiom ein geldwertes Geschenk. Natürlich. Was aber geschieht aus gesellschaftlicher Sicht bei solcher datenwirtschaftlicher Tätigkeit?

Acxiom schafft mit ihrer präzis definierten Segmentierung mit erdenklich breiter und tiefer Datenlage und perfekter Datenanalyse eben nicht nur exakte Zielgruppen für ihre Auftraggeber, sondern sie schafft damit auch eine auf Kaufwert basierte Hierarchie. 

Man möchte fast sagen, Acxiom schafft ein Kastensystem, in dem die wertvollsten und kaufkräftigsten Kunden die oberste Ebene darstellt.


Branchensegmentierung bestmöglicher Qualität
Am unteren Ende dieses Rankings stehen eine Gruppe Menschen, die wirtschaftlich bedeutungslos sind und der man jegliche Werbung, die im Idealfall auch Information darstellt, vorenthalten kann. Hier tut sich eine Spaltung der Gesellschaften auf, die zwar vorher auch schon da waren, aber immerhin hatten alle Zugang zu jeder Information, selbst wenn sich nie alle einen Rolls Royce oder eine Rolex leisten konnten. Ab heute kann es sein, dass nur mehr sehr ausgewählte Kaufkräftige wissen, dass es eine ganze Reihe von Produkten und Dienstleistungen überhaupt gibt.

Das Problem der Uninformierten besteht hauptsächlich darin, dass diese nicht wissen, dass sie nichts wissen. Ohne Kenntnisse und Einblicke werden sich die schlechter Informierten dann auch nicht wehren. Aus Unwissen und weil es ihnen peinlich ist, dieses Unwissen auch preiszugeben und sich dem potentiellen Spott auszusetzen.

Das von Acxiom aufgebaute System wird sich nun laufend verbessern, indem es zu jedem und jeder jedes Detail sammeln, analysieren und zuweisen wird. Dazu bietet Acxiom Unternehmen SaaS-Software an, mittels derer diese ihre Kunden selber analysieren lassen können. Dass dabei auch laufend Kundenwissen an Acxiom abfällt, liegt auf der Hand. Wie das abläuft, zeigt das Acxiom eigene Video.



Acxiom | ConsumerInsight from Acxiom on
Vimeo.

Hat jemand NSA gesagt?



Verbunden mit umfassenden Identitätsdaten
von Konsumenten - Sie haben die totale Kontrolle!
Acxiom ist eine börsenquotierte Firma und nicht eine demokratisch staatlich regulierte Agentur wie die NSA.Vielleicht kann sie nicht tun und lassen was sie will, doch wer kontrolliert diese gigantischen Datenmengen, die Acxiom täglich hin und herschiebt? Man konnte auch lesen, dass Acxiom und die NSA zusammenarbeiten. Das wundert nicht, denn Acxiom bietet auch Dienstleistungen an, die einem unbescholtenen Bürger wie mir eher von einer polizeilichen Dienststelle erwartet werden. 

Wer solche Versprechungen macht wie auf dem Screenshot rechts, der kann einer NSA nicht hinten anstehen. Nun, ich will der Acxiom nichts unterstellen. Immerhin gibt sie sich auch ethische Grundlage und wird sich mit Sicherheit auch daran halten.

Für Big Data und Marketing Interessierte führt Acxiom auch einen Unternehmensblog. Man ist sicher gute beraten, diesen regelmässig zu konsultieren.

Ein Artikel in DER ZEIT aus dem Jahr 2013 liefert weitere Dimensionen zu Acxiom.

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