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Sonntag, 22. November 2015

Disruptive Innovation

Das englische Wort „disruptive“ wurzelt im lateinischen „disruptum“ Das Partizip davon lautet dirumpere, disrumpere und bedeutet zerreissen. Der Duden übersetzt vom englischen ins Deutsche: störend, zerstörerisch und als Verb: stören, unterbrechen.
Bei Innovation denken wir an Erneuerung. An Abschied von Altem, Hergebrachtem oder Überwundenem. 

Eine disruptive Innovation ist also eine störende, zerstörende oder zumindest eine unterbrechende Erneuerung. Man könnte vermuten, dass diese Wortkombination einem Pleonasmus ziemlich nahe kommt. Wäre da nicht der Gedanke, das man auch Traditionen erneuern kann ohne sie  zerstören zu müssen.

Quelle: Apple Inc.
Doch „das Silicon Valley“ will zerstören. Es will die Welt mit Technologie erobern und die Welt verändern. Das wollte auch Steve Jobs schon und er hat es mit seiner Firma Apple auch geschafft. Seine Mission begann er mit dem weltweit kommunizierten Claim „Think Different“. Erster Ausdruck davon waren die Candy-Macs, die ab 1997 definitiv das Aussehen des Personal Computers für immer veränderten. Es war 1984 natürlich auch schon der Macintosh an sich, dessen Art und Weise wie man mit einem Computer arbeitet die Welt verändert.

Man kann aber auch bis zu Henry Ford zurück blättern, der mit der Automatisierung des Automobilbaus eine disruptive Innovation schuf und binnen immerhin 20 Jahren das Pferdefuhrwerk praktisch obsolet machte.
Es ist nicht nachzuweisen, ob Henry Ford wie Steve Jobs kein Marketing betrieben hat. Im Fall von Jobs lässt sich das Gegenteil leicht beweisen, man muss bloss die Datenschutzrichtlinien des Konzerns lesen. Dort wird darauf hingewiesen, dass Apple Kundendaten sammelt um damit u.a. die Kundenzufriedenheit feststellen zu können. Insofern müssen sich Äusserungen gegen das Befragen von Kunden im Sinne von Marktforschung auf die Schaffung von vollständig neuen Produkt- und Leistungsversprechungen beziehen. Entsprechende Ideen können in der Regel kaum von Kunden erwartet werden. Selbst dann nicht, wenn man sie via Crowdsourcing oder Open-Innovation-Plattformen versucht zu erhalten. Der Innovationsprozess braucht seine Zeit und die richtigen interdisziplinär denkenden und fühlende Leute. Soll es dann noch eine disruptive Innovation sein, sind wohl noch weitere Faktoren zu berücksichtigen. 

Historisch gesehen ist "disruptive Innovation" ja wirklich nichts Neues. Es hat zum Glück immer wieder Innovationen gegeben, die mehr als nur Kosmetik waren. Wie wären wir sonst dahin gekommen wo wir sind? Erinnert sei an das Dampfschiff, das ab Ende des 18. Jahrhunderts das Segelschiff abzulösen begann. Neuere disruptive Innovationen waren die CD, die die Schallplatte als Tonträger abgelöste und im Schlepptau die CD-ROM, die nicht nur die Floppydisks verdrängten, sondern das Speichervolumen explodieren liess. Aber auch diese Innovationen wurden durch noch radikalere verdrängt, indem die Musik via Internet zugänglich gemacht wurde.Die LCD-Technologie liess die Fernsehgeräte mit Kathodenstrahlröhren verschwinden und die Flachbildschirme in mannigfaltiger Ausprägungen und Anwendungen verbreiten.

Aktuelle disruptive Innovationen sehen wir zum Beispiel bei den Tablet-Computern die in vielen Dingen die herkömmlichen PCs oder Notebooks ersetzen. Das Smartphone machte definitiv die Telefonzellen an jeder Strassenecke obsolet und befreit uns von Schreibtisch-Stunden, weil wir viele Tätigkeiten zu jeder Zeit unterwegs irgendwo erledigen können. Onlineshops verändern den Handel bis hin zur Produktion und zukünftig bis zum Einkauf der Einzelteile oder der Grundzutaten. Das gegenwärtig dramatischste Beispiel allerdings ist das Geschäftsmodell der Buchproduktion, den Buchverlagen bis hin zum Buchhandel. Wer sich als Autor beweisen will, ist auf dieses alte Geschäftsmodell überhaupt nicht mehr angewiesen. Selbstverständlich nur, wenn er bereit ist sich mit jeder Phase seines Erfolgs selber zu beschäftigen.
Ein weiteres Beispiel einer aktuellen typischen disruptiven Innovation ist Airbnb.


AirBnB erfindet die Ferien neu - Shared Economy

AirBnB ist eine Vermittlungsplattform. Es handelt sich dabei nicht um eine weitere Partnervermittlungsplattform, wie es sie schon seit den 1990er Jahren zahllose gibt, das wird sich inzwischen herumgesprochen haben. Sondern es geht um eine neu aufgemachte Idee des in Englisch sprechenden Kulturen traditionellen Bed- & Breakfast-Konzeptes.

AirBnB bietet privaten Raumvermietern die Möglichkeit, ihre Zimmer, ihr Haus oder einfach auch nur ein Bett und Dusche als temporäre Ferienabsteigen weltweit anzubieten. Ferienhungrige haben dann die Möglichkeit, ihre Reisen entlang von AirBnB-Anbietern zu planen und abzufahren. Die Preise sind ausgesprochen moderat, die Qualität des Angebotes je nach Bedarf ausgewogen und die Gastgeber in aller Regel gastfreundlich zuvorkommend und hilfsbereit bis herzlich. Denn AirBnB tut etwas, was es vorher so nicht gegeben hat. Sowohl die Gäste bewerten das Leistungsversprechen wie auch die Gastgeber die Gäste bewerten. 

So entsteht ein Quasi-Handel auf einer voll dem Kommerz entfremdeten Ebene. Es geht nicht (nur) um das Geschäft, es geht auch um die persönlichen Beziehungen. Und zwar nicht bloss auf der Schiene Gast und Gastgeber, sondern auch unter den Gastgebern, die sich angefangen haben lokal zu organisieren. Das alles hat seinen Reiz und das Geschäftsmodell geht für AirBnB auf. 



Analysten schätzen, dass AirBnB Ende 2015 675 Mio. Einnahmen verbuchen wird, was einem Sprung von 32% im Vergleich zum Vorjahr bedeutet.  Die 51 jungen Leute um das Gründerteam haben in den sieben Jahren seit Gründung vieles richtig gemacht. Zum Beispiel, dass sie nicht 30% oder 15% Buchungsgebühren von den Benutzern und/oder Gastgebern verlangen, sondern bloss je nach Mietobjekt und Transaktionshöhe zwischen 6 und 12 %.

Es lohnt sich, die Entstehung von Airbnb etwas näher anzuschauen, weil sie auch einen Einblick auf die gegenwärtige Art und Weise der Startup-Finanzierung zulässt wie sie im Silicon Valley üblich ist.

Bei der Anfangsfinanzierung unterscheidet sich der Vorgang nicht wesentlich von dem was in der Schweiz oder in Deutschland gängig ist.

Auch das Gründungsteam unterscheidet sich in Bezug auf Alter, Geschlecht und Bildungshintergrund nicht auf den ersten Blick von einem Gründungsteam in Europa. Doch der Unterschied zeigt sich im Verlauf der Finanzierungsrunden. Allein die Bezeichnung der einzelnen Runden ist in dieser Form hierzulande nicht etabliert.
Nebenstehende Aufzeichnung erwähnt die allererste Finanzierung nicht, nämlich jene aus dem eigenen Portemonnaie und das jener der eigenen Familien, Freunde (und der Fouls). Dafür dann die ersten 20‘000 $ als Seed Money. Bereits bei der zweiten Seed-Money-Rund war dann bereits Sequoia Capital dabei. Sequoia Capital gilt als einer der grössten und einflussreichsten Venture Capital Unternehmen des Silicon Valley.  

Es wundert dann auch kaum, dass selbst ein Schauspieler bei den ersten drei Serien dabei war. Schliesslich wurde AirBnB bis Sommer 2015 mit 2.3 Mia. $ ausgestattet. Damit lässt sich dann schon ein globaler Markt erschliessen. Die 51 Angestellten schafften es bis heute in 190 Ländern präsent zu sein. Ob die Firma die gegenwärtig mit 20 Mia. $ bewertet wird wirklich wert ist, wird sich in den nächsten Jahren weisen müssen.


Mit 31 Investoren plus weiteren kleineren Kapitalgebern ist AirBnB gut bedient und kann sich nicht nur strategische Partnerschaften leisten oder Übernahmen ergänzender Firmen wie die „Acquisitions“-Liste zeigt.




AirBnB bedient sich Predictive Pricing

"When Airbnb first did an experiment with the predictive pricing, users who chose to use the suggestion price got three times the number of bookings than the control group…"
Quelle: fastcompany.com

Typisches Zeichen für Disruptiver Innovation:
Sie ruft Nachahmer auf den Plan

Interessant ist die Übernahme des deutschen Klons von AirBnB, die Accoleo. Neben Accoleo haben sich auch die legendär-berüchtigten Samwer-Brüder an die Fersen des bereits 2011 in Internet-Kreisen berühmt gewordenen AirBnB geheftet und haben Windu an den Start gebracht. Sie scheuen dabei keinen Aufwand, um das Original bis auf die Webseiten-Inszenierung nachzuahmen. Neben Windu ist 9Flats.com ein weiterer Kopist von AirBnB mit Hauptquartier in Berlin. Es ist daher wohl keine Überraschung, dass AirBnB einen dritten Kopisten, den kleinsten der drei in Deutschland übernommen hat, um den grössten europäischen Markt nicht kampflos aufzugeben. AirBnB übernahm mit der Firma auch das Team, das weiterhin vom Gründer, aber nun von Hamburg aus, als AirBnB in Europa geführt wird.


So ist es denn auch ein Merkmal der Digitalen Transformation, die im nachfolgenden Abschnitt beleuchtet wird, dass diese unter dem Einfuss eines intensiven Wettbewerb vor sich geht. Diesem zu begegnen, verlangt zusätzliche finanzielle Mittel. Eine disruptive Innovation durchzusetzen und davon profitieren zu können, verlangt auf vielen Feldern Massnahmen. Nachahmern im Internet sind bei einem nicht regulierten Internet kaum Grenzen gesetzt. Dem Kopieren nicht nur von ganzen Webseiten, sondern auch von Geschäftsmodellen ist kein traditionelles Gesetz gewachsen.

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