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Sonntag, 22. November 2015

Der Witz - Storytelling at his best

Warum poste ich in einem Digital Marketing Blog einen Beitrag zum Thema Witz? Weil Im Digital Marketing Storytelling das Nonplusultra ist und im Storytelling das Nonplusultra der Witz ist. Darum!

Eine Geschichte ist also nicht nur eine Geschichte, die so locker zum Besten gegeben wird. Es steckt reichlich Arbeit dahinter. Allein die Idee greift in der Regel zu kurz. Darum strengen wir uns im Rahmen eines Team-Brainstormings an, die Idee aufzublasen. In der Regel bis sie platzt. 

Stattdessen beschäftigt man sich doch besser mit der Reduktion einer Idee bis auf die Prämisse und die Synopse hinunter. Das ist geistige Hochleistungsarbeit wie sie sich der Designer gewohnt ist: Reduce to max und Form folgt Funktion. Also alles einkochen und wegkochen bis nur noch das vorhanden ist, was es wirklich braucht und es so zur Essenz wird, von der wir weiter gehen können.

Was diesem Vorgang wohl am Besten entspricht, und die besten Resultate zeigt, das ist der gute Witz. Kein Witz! Gehen Sie jetzt hin und erfinden Sie einen Witz, jetzt, aus dem Stand!
(Falls sie das an dieser Stelle binnen kürzester Zeit schaffen - eine Viertelstunde gebe ich Ihnen -, schicken Sie ihn mir und ich werde diesen Post mit Ihrem Witz und allen Lobpreisungen umschreiben und mit Ihrem Beispiel beginnen. Hier meine Mailadresse: info@brunobucher.ch.)
Bevor wir ins Witzereissen einsteigen weise ich darauf hin, dass meine Recherchen über das Thema Witz weit in die Vergangenheit reichen. In der Neuzeit scheint das Thema Witz keine Herausforderung mehr für die Wissenschaft darzustellen. Ob es eine Korrelation zwischen dieser Beobachtung und der Tatsache gibt, dass wir in ziemlich witzlosen Zeiten leben?

Kaum noch Blondinen-Witze oder Witze über die Österreicher oder gar über uns selber. Womit das wohl zu tun haben könnte? Hat uns die politische Korrektheit die Fantasie für den guten Witz vertrieben?
Was also ist ein Witz? Was unterscheidet ihn von einer normalen Geschichte, einer eher etwas traurigen, wie etwa jener vom Tod des Königs und der Königin (Siehe Storytelling), die uns ja eher Nachdenklichkeit auslöst als ein Lächeln auf das Gesicht zaubert.
Henri Bergson schrieb in seinem Buch „Das Lachen“ über die Komik, die ein Dreierschritt sei, der sich in zahllosen Witzen finden und wiederfinden lässt. 
„Es ist das System der Dialektik, das sich in einem Dreierschritt vollzieht: These, Antithese, Synthese. Nur dass im Witz statt der Antithese eine Volte folgt, die alles witzig macht.“
Vor Bergson hat sich u.a. auch Sigmund Freud in seinem Buch „Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten“ mit dem Witz beschäftigt. In dieser sehr detaillierten Studie schilderte Freud die ganze Breite in der ein Witz daher kommen kann. So zählt Freud mehr als 14 Techniken auf, auf deren Basis ein Witz funktionieren kann. Betrachten wir zwei davon.
Ein Beispiel für einen Fall des Doppelsinns mit Anspielung.
„Nach der Ansicht der einen soll der Mann viel verdient und sich dabei etwas zurückgelegt haben, nach anderen wieder soll sich die Frau etwas zurückgelegt und dabei viel verdient haben.“
Das Wort zurückgelegt - heute spricht man eher von sparen - hat einen Doppelsinn, wobei die erste Verwendung häufiger vorkommt als die zweite. Man denkt also automatisch zuerst an sparen und erfasst die zweite Bedeutung mit Verzögerung. Die Erkenntnis bringt uns zum Lachen.
Ein Beispiel für eine Verschiebung.

„Der Schnorrer bettelt beim Baron um das Geld für eine Badereise nach Ostende; der Arzt hat ihm wegen seiner Beschwerden ein Seebad empfohlen. Der Baron findet, Ostende sei ein besonders kostspieliger Aufenthalt; ein wohlfeilerer würde es auch tun. Aber der Schnorrer lehnt den Vorschlag mit den Worten ab: Herr Baron, für meine Gesundheit ist mir nichts zu teuer.“
Freud kommt zur Ansicht, dass es symptomatisch für einen Witz sei, dass der Witz verfliegt, sobald man ihn erklären wolle. Im Moment der Erklärung wird der Pointe das Überraschungsmoment genommen. Stattdessen wird geklärt, was der Ernst der Situation ist und damit wieder das Gebot zum Ernst hergestellt.
Ein Beispiel.
„Sagt die Blonde zu ihrer Arbeitskollegin: "Oh, ich bin so glücklich. Gestern Abend schaffte ich nach 6 Monaten ein Puzzle. Auf der Verpackung stand, man brauche dazu 2-4 Jahre.“

Anders herum:

„Auf der Packung eines Puzzle steht die Altersempfehlung von 4-6 Jahren. Eine Blondine fühlt sich überglücklich, dass sie nur 6 Monate brauchte, um das Puzzle zu schaffen.“
Faktisch steht dasselbe in diesen drei Zeilen. Doch die Wirkung ist nicht vergleichbar witzig in der zweiten Formulierung, besonders natürlich auch, weil man so formuliert nicht darum herum kommt, die „Altersempfehlung“ ausdrücklich zu erwähnen.
So lernen wir also vom Witz, dass es sehr genau darauf ankommt, welchen Dreh wir einer Geschichte geben. In der Politik wird jemand, der es versteht, einer Darstellung den „besonderen Dreh“ (engl.: Spin) zu verleihen, Spin doctor genannt. Der Ausdruck hat eine anrüchige Konnotation, weil dieser Funktion des Spin doctors die Rolle des Manipulators angedichtet wird. Nur, kann Kommunikation je manipulationsfrei sein? (Siehe Blogpost Kommunikation in der Digitalen Transformation.)
Haben wir einem Politiker zuzuhören, der völlig faktenfrei, humorlos und ohne Botschaft vor uns tritt, dann finden wir das nicht nur öde, sondern empören uns und vergessen dabei, dass wir nicht einen Texter und Geschichtenerzähler gewählt haben, sondern eben einen Vertreter, der seine Sache gut macht und unsere Interessen vertritt. Dass ihm dabei ein Redenschreiber zur Seite steht, der auch ein Rechercheur ist und das politische Handwerk versteht, muss uns recht und billig sein. So lernen wir also von der Politik, dass wir nicht auf die Kunst des Texters verzichten sollten, wenn wir sie denn selber nicht beherrschen. Besonders wenn es darum geht, einer Geschichte die gewünschte Richtung zu geben.
Witze zünden im Kopf, wenn Bilder entstehen, die nicht zusammenpassen, und wir uns nicht entscheiden können, was denn nun „richtig“ ist. Unser Verstand möchte so gerne immer alles verstehen und in Gut und Böse einteilen. Schrieb der leider kürzlich verstorbene Hellmuth Karasek in seinem Buch „Soll das ein Witz sein“?
Und weiter: „Unser Geist kennt drei Zustände, in denen Widersprüche auftauchen und stehen bleiben können: der Traum, die Psychose und das Lachen.“
Ein Beispiel des Humors von Karasek.
„Eltern machen sich um ihren kleinen Sohn Sorgen. Zwar isst er brav, schläft gut, wächst und gedeiht, aber er bleibt stumm. Will und kann nicht reden. Die Eltern suchen Ärzte auf, holen Gutachten ein. Keine Ursache für irgendeine Krankheit ist zu entdecken. Die Eltern sind ratlos. Eines Mittags bringt die Mutter die Suppe auf den Tisch, um den die Eltern und ihr Sohn vor ihren Tellern sitzen. Die Mutter tut die Suppe auf. Alle fangen an zu essen. Auf einmal sagt der Sohn: „Salz!“ Die Eltern schauen sich fassungslos an. Starren auf ihren Sohn. „Du kannst ja sprechen!“, sagen sie zu dem Kleinen. „Warum hast du denn bisher nichts gesagt?“ „Bisher hat ja auch kein Salz gefehlt«, antwortet der Junge.“
Karasek kultureller Hintergrund ist das Judentum. Der jüdische Witz ist ein wesentlicher Faktor in dieser Kultur. Ein regelrechter Fundus für Geschichtenforscher. Wer mehr verstehen will, wie Geschichten zu Witze und Witze zu Geschichten werden, ist gut beraten, sich in dieser reichen Kultur umzuschauen. Der typische jüdische Witz zeichnet sich dadurch aus, dass ihm reichlich Raum für Selbstkritik gegeben wurde und wird. Kaum eine andere Gesellschaft auf dieser Welt macht sich derart selber lustig über sich selber wie die Juden.
Ein Beispiel für einen weiteren typischen jüdischen Witz.
„Ein Schnorrer begegnet auf der Treppe des Reichen einem Genossen im Gewerbe, der ihm abrät, seinen Weg fortzusetzen. „Geh heute nicht hinauf, der Baron ist heute schlecht aufgelegt, er gibt niemand mehr als einen Gulden.“ - „Ich werde doch hinaufgehen“, sagt der erste Schnorrer. „Warum soll ich ihm den einen Gulden schenken? Schenkt er mir was?“
Freud schrieb dazu: „Dieser Witz bedient sich der Technik des Widersinnes, indem er den Schnorrer in demselben Moment behaupten lässt, der Baron schenke ihm nichts, indem er sich anschickt, um das Geschenk zu betteln. Aber der Widersinn ist nur ein scheinbarer; es ist beinahe richtig, dass ihm der Reiche nichts schenkt, da er durch das Gesetz verpflichtet ist, ihm Almosen zu geben, und ihm, strenge genommen, dankbar sein muss, dass er ihm die Gelegenheit zum Wohltun verschafft.

Mit diesem Ausflug in die ganz spezielle Welt des Witze-Erfindens und -Erzählens sei nicht gesagt, dass im Storytelling der Witz der Kern der Sache sei. Doch die Sensibilisierung bezweckt die Überwindung der Hoffnung, dass die Story, die zu erzählende Geschichte humorlos sein soll. Bierernst dürfen wir es nicht nehmen, spöttisch sein schon gar nicht.

Gehen wir davon aus, dass wir mit unseren Marketingaktivitäten Menschen erreichen wollen, dann soll das durchaus mit einem Lächeln auf den Lippen geschehen.
Und weil das Thema so inspirierend ist, noch einen letzten überkonfessionellen Witz zum Abschluss des Abschnittes. Diesmal weiter gegeben von Hellmuth Karasek.


"Ein protestantischer, ein katholischer und ein mosaischer Geistlicher unterhalten sich darüber, wie sie es mit der Kollekte halten. Sagt der evangelische: „Also, ich zeichne ein Quadrat von einem Meter in zehn Metern Entfernung auf den Boden und werfe das Geld dorthin. Was im Quadrat landet, ist für Gott, was außerhalb fällt, ist für mich.“ Der katholische Geistliche sagt: „Ich mache das ganz ähnlich. Nur male ich einen Kreis von fünfzig Zentimeter Durchmesser in zwanzig Metern Entfernung. Was in den Kreis fällt, gehört Gott, das andere ist für mich.“ „Ihr habt überhaupt kein Gottvertrauen“, sagt darauf der Rabbi. „Ich werfe das ganze Geld in die Luft und sage: ›Behalte, was du brauchst, Gott.‹"

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